Im Rahmen des IV Internationalen Festivals „Tschaikowsky-Tage“ findet im Tschaikowsky-Saal die Poster-Ausstellung des Staatlichen Tschaikowsky-Museums der Stadt Klin (Russland) statt. Die Ausstellung mit dem Titel „Tschaikowsky und Deutschland“ ist chronologisch aufgebaut. Sie beinhaltet die Materialien aus der Sammlung des Museums, unter anderem aus dem persönlichem Nachlass des Komponisten.
Der Standort Deutschland und die deutsche Kultur haben in vielerlei Hinsicht das Leben und das Lebenswerk von Pjotr Iljitsch Tschaikowsky bestimmt, einen durch und durch russischen Komponisten, dem aber Fjodor Dostojewski eine „Weltoffenheit“ zugesprochen hatte. Der genealogische Baum von Tschaikowsky beinhaltet diverse Linien der deutschstämmigen Familien, deren Vertreter im Dienste Russlands seit dem18. Jahrhundert gestanden haben: Assier (Acier), Kaiser, Schobert, Littke, Behrens und anderer. Anfang des 21. Jahrhunderts stellten die Forscher fest, dass der Urgroßvater von P.I.Tschaikowsky mütterlicherseits berühmter künstlerischer Leiter und Modelliermeister der Meissner Porzellanmanufaktur – Michel Victor Acier war, in Versailles geborener Franzose, unter anderem ein Schüler von Etienne-Maurice Falconet, den man als Autor des Peter- des Großen -Denkmals in Sankt-Petersburg kennt.
Fast sein ganzes Berufsleben verbrachte M. V. Acier in Sachsen, wo er in Meißen auf einer Porzellanmanufaktur gearbeitet hat. Maria Christina Eleonora Wittig wurde zu seiner Frau nach der Trauung in der Dresdner Kathedrale. Im Jahr 1778 wurde bei dem Ehepaar das fünfte Kind geboren – Michael Heinrich Maximilian Acier, der in 1795, im Alter von 17 Jahren nach Russland kam, wo er später die russische Staatsangehörigkeit angenommen hat. In Russland wurde er Andrej Michajlowitsch Assier genannt. In Russland hat er die Tochter eines orthodoxen Geistlichen geheiratet und wurde Großvater des berühmten russischen Komponisten P. I. Tschaikowsky.
Seit 1844 hat die in Montbéliard, einer Stadt an der Grenze zwischen Deutschland und Frankreich, geborene Fanny Dürbach bei der Familie Tschaikowsky in Votkinsk als Hauslehrerin gearbeitet und den Kindern die deutsche Sprache beigebracht. Später übersetzte der Komponist ziemlich viel aus dem Deutschen, und zwar Texte von H. Heyne, N. Lenau, J. Eichendorf, F. Bodenstedt und den anderen.
Die Musikausbildung und die Geheimnisse der Kompositionstechnik bekam Tschaikowsky in den jungen Jahren von den deutschen Musikern, die in Russland gearbeitet haben und Musikunterricht erteilten. Zwei erste russische Konservatorien, in Moskau und Sankt-Petersburg, sind übrigens von Anton und Nikolaj Rubinstein gegründet worden, den Schülern des berühmten Musiktheoretikers Siegfried Dehn.
Mit vielen deutschen Musikern, die eingeladen waren am Moskauer Konservatorium zu unterrichten, pflegte Tschaikowsky sein ganzes Leben freundschaftliche und schöpferische Beziehungen. Vielen von ihnen, z. B. W. Fitzenhagen, K. Klindworth, P. Passt u.a., widmete er seine Werke.
Zum ersten Mal weilte P. Tschaikowsky in Deutschland im Jahr 1861 noch als Beamter des Justizministeriums. Später, im Laufe der nächsten Jahre besuchte er mehrere deutsche Städte, lernte die Sehenswürdigkeiten kennen, ging in Theater und Konzerte.
Gerade in Deutschland, früher als in anderen europäischen Ländern sind seine Werke nicht nur aufgeführt, sondern auch verlegt worden. In Deutschland begann auch aktive Gastätigkeit von Tschaikowsky – Dirigent. Mit großem Erfolg stand er auf der Bühne mit bekannten Orchestern.
Schon in seiner Jugend studierte Tschaikowsky die Werke der deutschen Schriftsteller, Dichter, Wissenschaftler und Philosophen wie F. Schiller, J. W. Goethe, H. Heyne, G. E. Lessing, A. Schopenhauer, H. Helmholtz , übersetzte für die Zeitschrift „Grazhdanin“ einige Kapitel aus dem Buch von A. Teyter über Beethoven und setzte sich mit dem Buch vom L. Noll „Beethoven. Sein Leben und Seine Werke“ auseinander. Einen großen Einfluss auf Tschaikowsky hatten mehr oder minder die deutschen Komponisten des 18. und 19. Jahrhunderts. In seiner Bibliothek wurden die Werke von J.S. Bach, L. van Beethoven, R. Wagner, K. Weber, F. Mendelsohn, R. Schumann und vielen anderen aufbewahrt. Die Musik von seinem Zeitgenossen J. Brahms studierte und kannte Tschaikowsky sehr gut.
In Januar 1892 wurde Tschaikowsky als Dirigent der europäischen Uraufführung seiner Oper „Eugen Onegin“ nach Hamburg eingeladen, die zur seinem Besuch der junge Kapellenmeister des Hamburger Theaters Gustav Mahler vorbereitet hatte. Es hat sich so ergeben, dass ausgerechnet Mahler die Uraufführung dieser Oper dirigierte, und ein Jahr später ebenfalls in Hamburg in Anwesenheit des Autors – die Oper „Jolanthe“.
Der Standort Deutschland spielt eine besondere Rolle im Schicksal von Hinterlassenschaft Tschaikowskys im 20. Jahrhundert. So, im Jahr 1902 fand in der Stadt Bad Pyrmont unter der Leitung vom Hugo Riemann ein Tschaikowsky – Gedenkfest statt. Dabei wurden Konzerte veranstaltet, Vorträge, Berichte gehalten und die Oper „Jolanthe“ aufgeführt.
Die zusammengefassten Materialien dieser Festtage sind die erste große Lieferung für das Tschaikowsky Museum in Klin geworden, die russische Presse hat diese „Pyrmonter Beitrag“ genannt. Bemerkenswert, dass der Erlös von Konzerten aus Tschaikowsky Werken zu Gunsten des Fonds für die Denkmalerstellung für den berühmten deutschen Komponisten A. Lortzing eingegangen war.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete Frau Luisa von Westernhagen in Hamburg einen Tschaikowsky – Verein, der sich mit der Organisation der dem russischen Komponisten gewidmeten Ausstellungen und Konzerte beschäftigt hatte. L. von Westernhagen übersetzte die Texte von Tschaikowskys Romanzen, verlegte sie und eine ganze Reihe der Fotoportraits. Sie hat die Rückkehr von vielen Dokumenten und Materialien nach Russland, ins Kliner Museum ermöglicht. Sie besuchte Moskau und Klin während der Tschaikowskys Musikwettbewerbe, denen sie beiwohnte.
Das Werk von L. von Westernhagen wurde durch ihren Schüler Prof. T.Kohlhase fortgesetzt, auf deren Initiative im Jahr 1993 in Tübingen eine Tschaikowsky – Gesellschaft gegründet worden war. Später ist die schöpferische Zusammenarbeit der Gesellschaft mit dem ältesten deutschen Verlag „Schott“ zustande gekommen: jährliche Ausgabe mit neuen Forschungsarbeiten über Tschaikowskys Leben und Lebenswerk, und die Herausgabe von Büchern über die musikalische Grundlagenforschung. Die Mitglieder der Gesellschaft haben mit dem Verlegen der Bücher über die deutschen Städte, die Tschaikowsky besucht hatte, angefangen. Die Jahresversammlungen der Gesellschaft finden in den Städten statt, die mit dem Namen des großen russischen Komponisten verbunden sind.
Eintritt frei.